Dankeschön!

Ihr Lieben! Es war ein großartiger Abend in der KuBa-Halle Wolfenbüttel. Die Lesung hat wahnsinnig Spaß gemacht. Gleichzeitig hat das Publikum über 400 Euro für den guten Zweck gespendet.

Das Geld geht nun zu gleichen Teilen an den Wünschewagen, ein Hospiz und den Verein M.A.DE. FOR KIDS.

Ein ganz dickes Dankeschön an Sibylle Schreiber und alle Beteiligten!

Ein Mann sieht rot

Irgendwo in meiner Ahnenreihe muss sich Bob der Baumeister verstecken. Zusammen mit einem farbenblinden Höhlenmenschen. Beruflich bedingt schubse ich den größten Teil des Tages Buchstaben umher.

Aber in meiner Freizeit habe ich eine andere Leidenschaft: das Herumhandwerken. Anfangs rieben sich noch Notarzt und Bestatter die Hände, sobald ich zum Werkzeug griff. Aber mittlerweile geht’s ganz gut.

Ich finde es schön, etwas selbst zu reparieren oder zu bauen. Es schafft eine Verbindung zu dem Ort, an dem man lebt. Außerdem mag ich den Gedanken, dass wir uns als Familie unser Zuhause selbst gestalten. Aber leider gibt es bei jeder Sanierung einen Endgegner: Die Farbauswahl.

Männer und Farben sind oft so ein Ding. Aber ich habe geübt. Jahrelang. Mittlerweile weiß ich sogar, wie Petrol aussieht und dass es nicht in eine Lampe gehört. Doch die Farbabteilung im Baumarkt bleibt für mich ein finsteres Tal der Schrecken.

Neulich stand ich wieder da.

„Guten Tag, ich hätte gerne weinrote Wandfarbe. Für innen und matt.“

„Haben wir nicht.“

Ich blickte auf das nächste Regal. In einigen Kilometern Entfernung verschmolzen die Farbeimer, Tiegel und Töpfchen mit dem Horizont. Die Menge der dargebotenen Nuancen reichte aus, um ein Monumentalgemälde aus Regenbögen, Einhörnern und Blumenfeen zu gestalten, ohne einen einzigen Farbton zweimal zu benutzen.

„Sie haben kein Weinrot?“

„Nö. Aber wir hätten ‚Sinfonie‘, ‚Amarena‘, und ‚Romantisches Pfingstrosenrosé.“

Ich seufzte. Durch mein Sprachzentrum huschten Flüche, für die sich Käpt’n Ahab nicht geschämt hätte. Aber weil es immer so läuft, machte ich kein Theater. Stattdessen malerte ich mein Arbeitszimmer stillschweigend mit „flammendem Herz“ und hängte Vorhänge der Sorte „Ulli light“ auf. Unsere Küche ist Old-Dublin-farben und an den Wohnzimmerfenstern hängt ein Vorhang namens „Blauer Gigolo“. Ich finde, man könnte sich die Sache einfacher machen. Aber bitteschön: Scheinbar muss auch bei den Herren aus der Farbabteilung irgendwo die Kreativität raus.

Nur manchmal kommt es vor, dass ich seltsame Träume habe. Dann schleiche ich mit einem angespitzten Farbrührer in den Baummarkt, zerre die Angestellten vor ihr eigenes Sortiment und schreie: „Sag, dass das Rot ist! Nicht ‚gefühlvolles Herzensrot‘, nicht ‚englisches Rosenrot‘, sondern einfach bloß Rot! Rot verdammt! Sag es! Sonst sehe ich für deine persönliche Zukunft schwarz beziehungsweise Mitternachtssternenstaub noir! Verstehste?“

Nun ja. Die Welt ist bunt. Und die Gedanken sind frei.

Entlarvt

„Los, Papa! Unterschreib dein Geständnis!“

Mit entschlossener Miene und flammendem Blick steht das Kind vor mir. Es ist der Abend vor Nikolaus. Eben hat sich eine Kaminzimmerszene reinsten Wassers zugetragen. Wie ein Detektiv in einem Krimi hat mich Mathilda überführt und eine schreckliche Wahrheit ans Licht gebracht: Ich bin der Nikolaus. Und der Osterhase. Und die Zahnfee.

Zu meiner Verteidigung: Ich habe mich nie erwischen lassen. Es war ein reiner Indizienbeweis. Alle Kinder ihrer Klasse haben Mathilda glaubhaft versichert, dass es den Nikolaus in Wirklichkeit gar nicht gibt. Einige haben ihre Erzeuger sogar dabei ertappt, wie sie sich nächtens mit Süßigkeiten in der Hand auf höchst verdächtige Weise den geputzten Stiefeln näherten. Und weil unser Kind nicht doof ist, bin ich nun auch überführt. Denn wenn es nirgendwo sonst den Nikolaus gibt, wäre es doch seltsam, wenn er nur zu uns ins Haus kommt.

Mathilda reckt mir einen Stift entgegen. Vor mir liegt ein von Kinderhand geschriebenes Formular, das ich unterzeichnen soll, um meine Taten zu gestehen. Aber ich bin bockig. Und traurig. Um ehrlich zu sein: Ich war gerne der Nikolaus. Und der Weihnachtsmann. All diese väterlichen Nebenjobs haben mir Freude gemacht. Ich mochte es, das Staunen im Gesicht unserer Tochter zu sehen und ihren Glauben an Wunder zu nähren. Am schönsten war es, wenn wir zusammen herumgeträumt haben, wie Osterhase und Co. ihre ganze Arbeit wohl schaffen. Wie wir uns die Wichtelwerkstatt, die eierbemalenden Hühner und all das vorgestellt haben. Und das soll jetzt einfach vorbei sein? Nö!

„Ich unterschreibe überhaupt nichts“, erkläre ich. „Und wenn du mich damit nicht in Ruhe lässt, ziehe ich zu unserem Wichtel in die Küchenwand!“

Das ist noch so eine Geschichte in unserem Haushalt. An der Fußleiste der Küchenwand befindet sich eine kleine Tür mit einer Sitzbank davor. Hinter dieser Tür wohnt angeblich ein Wichtel, der auf uns aufpasst und dafür sorgt, dass wir nachts gut träumen. Außerdem haben wir noch verschiedene andere Mitbewohner wie zum Beispiel einen mumifizierten Frosch namens Tut-Ench-Kröt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mathilda ist jedenfalls nicht in der Stimmung, um sich ablenken zu lassen.

„In die Küchenwand passt du gar nicht rein. Du bist zu dick.“

„Fräulein! Wenn ich sage, dass ich in die Küchenwand ziehe, dann ziehe ich in die Küchenwand. Zur Not sieht man dann halt eine Beule unter der Tapete, wo gerade mein Bauch ist.“

„Und wenn du dich bewegst, nennen wir diese Beule dann die Wanderwampe?“

Ich finde, bei Kindern sollte es eine Altersbegrenzung für Zynismus geben. Blöderweise habe ich ihr das selbst beigebracht. Da darf ich mich nicht beschweren.

Ich verlege mich auf einen Winkelzug: „Hör zu, junge Dame. Wenn es den Nikolaus nicht gibt, kann er dir auch keine Süßigkeiten bringen. Und der Weihnachtsmann keine Geschenke. Möchtest du das?“

Mathilda wird nachdenklich. Man kann sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. Je länger die Stille dauert, desto gespannter werde ich auf die Antwort unserer Tochter. Schließlich räuspert sich das Kind. Dann erklärt es: „Na gut, Papa. Du darfst mein Nikolaus bleiben. Und all die anderen auch. Aber gib dir Mühe mit den Geschenken! Und wenn du dir in Zukunft wieder etwas ausdenkst, gibst du dir damit besser auch Mühe! Denn ich glaube es dir nur noch, wenn ich es schön finde.“

Darauf können wir uns einigen. Okay, als Nikolaus bin ich vielleicht aufgeflogen. Aber der Zauber der Festtage bleibt. Und wer weiß, welche geheimen Rollen ich künftig noch übernehme, um Mathildas Augen zum Glitzern zu bringen.

Die Geschenkekanone

Unsere Tochter hat eine neue Erfindung gemacht. In diesem Zusammenhang hat sich das Kinderzimmer in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt. Stundenlang durften wir es nicht betreten, während darin emsig gebastelt, geschnitten und geklebt wurde. Herausgekommen ist die denkbar offensivste Art, anderen eine Freude zu machen: die Geschenkekanone.

Sie besteht aus einer langen Pappröhre, in die Aufmerksamkeiten aller Art gestopft werden. Anschließend schleicht Mathilda in einen Hinterhalt ihrer Wahl. Und sobald meine Frau oder ich des Weges kommen, werden wir rücksichtslos aufs Korn genommen. „Deckung, Geschenke!“, ruft das Kind, während das Bombardement niederprasselt.

Zugegeben: Eine gewisse Art von Freundlichkeit ist bei dieser Erfindung schon zu erkennen. Immerhin gibt es Geschenke. Aber zum nächsten Geburtstag wünsche ich mir lieber Wattebäusche. Bücher sowie andere Dinge mit Ecken und Kanten nehme ich aus der Geschenkekanone lieber nicht entgegen.

Der Schoko-Coups

Wer glaubt, Erwachsene seien schlauer als Kinder, sitzt einem fatalen Irrtum auf. Selbst der kleinste Wicht kann uns gehörig aufs Kreuz legen. Ein Beispiel dafür bildet ein vergangener Nikolaustag. Unsere Tochter Mathilda mag damals drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Sie bestand darauf, auch die Schuhe ihrer Puppe „Noni“ vor die Tür zu stellen. Emsig wurde daran herumgewienert, damit sie auch schön glänzten. In unserer Einfalt haben wir das Kind noch gelobt, weil es sich so schön um andere kümmere. Haste gedacht.

Am Morgen ging Mathilda in den Flur und betrachtete Nonis prall gefüllte Schuhe. Nachdenklich erklärte sie: „Papa, meine Puppe darf gar keine Schokolade haben. Sonst wird sie schmutzig.“

Daraufhin legte das Kind eine Kunstpause ein und erklärte seufzend: „Dann muss ich halt alles selbst essen.“

Sehr zufrieden mit sich und der Welt zog Mathilda mit ihrer Beute von dannen. Während ich ihr nachschaute, dämmerte mir, dass ich in unserem Haus vielleicht der Größte bin – aber lange nicht der Schlaueste.

Live-Termin

Nach längerer Pause trete ich endlich wieder auf – und zwar am Samstag, 26. August, auf dem Open Mind Festvial in Gotha. An zwei Tagen erwartet euch dort ein Mix aus Lesungen, Rock, Ska, Punk und allerlei anderen Dingen.

Mehr Infos unter:
https://open-mind-festival.de/